Monatsmagazin
Aktuelle Ausgabe Sommer 2023
Liebe Leser*innen,
Sommer – das ist auch die Zeit der vielen Festivals, die landauf, landab spürbar und sichtbar machen, wie bunt und vielfältig, wie lebendig und offen unsere Städte sind. Eines der größten – und wie wir meinen, auch schönsten – dieser Festivals ist das Sommerfestival der Kulturen, das nun schon zum 20. Mal die kulturelle Vielfalt dieser Stadt feiert und die zahlreichen in Suttgart aktiven Migrantenvereine in den Mittelpunkt rückt – ein Stadtfest, für alle offen, unabhängig von Herkunft und Aussehen, unabhängig von sozialem Status und Alter.
„Begegnung“ ist seit nun schon 20 Jahren eines der zentralen Elemente dieses Festivals. Begegnungen bringen Menschen, aber auch unterschiedliche Tra ditionen und Lebens – formen zusammen und helfen, Vorurteile abzubauen. Auf dem Festival feiern Menschen mit unterschiedlichsten kulturellen und sozialen Hintergründen miteinander, Menschen mit den verschiedensten Denkweisen und Weltsichten.
Und ich kann Sie nur auffordern: lassen Sie sich auf solche Begegnungen ein, auf Begegnungen mit der Vielfalt, mit Unterschiedlichkeiten. Immer nur mit Leuten zusammen sein, die einem ähnlich sind, die ähnlich denken und ähnlich aussehen – das mag vielleicht bequem sein, lässt uns aber auf der Stelle treten. Nur der Austausch (und nicht selten auch der Streit) mit anderen Lebensweisen und Denkmodellen bringt uns – und letztlich die gesamte Gesellschaft weiter.
Einander begegnen heißt auch voneinander lernen. Doch das setzt Offenheit gegenüber Neuem und Ungewohntem voraus. Das Beharren auf Gewohntem, die Kultivierung scheinbarer „Normalität“ führt uns gesellschaftspolitisch in eine Sackgasse – und ist darüber hinaus auch langweilig. Für das Gegenteil von Langeweile wiederum steht unser Sommerfestival der Kulturen – und nicht zuletzt dessen Bühnenprogramm – mit all seiner Buntheit und Vielfalt. Alles andere als langweilig, sondern wild und innovativ sind die Bands, die an den sechs Festivaltagen die Bühne beleben. Es sind allesamt Musikerinnen und Musiker, die mit einer oft radikalen Offenheit die Einflüsse verschiedener Kulturen und Genres in sich aufsaugen und mit ihren eigenen musikalischen und kulturellen Wurzeln verknüpfen, um etwas völlig Neues, oft Gewagtes, stets aber Mitreißendes hervorzubringen.
Es ist die innovative dynamische Kraft dieser Fusionprojekte, die – oft unter dem Label „Weltmusik“ – seit nun schon mehr als 20 Jahren die Besucherinnen und Besucher unseres Sommerfestivals begeistern. Doch bei aller Festival- und Feierlaune, die hoffentlich auch in diesem Sommer auf dem Stuttgarter Marktplatz, aber auch bei den vielen anderen Festivals aufkommen wird: Vielfalt und Offenheit sollen nicht nur gefeiert, sie müssen stets auch verteidigt werden. Immer mehr Menschen sehen Geflüchtete als Bedrohung und Migration als Problem. Es sind Menschen, die eventuell auch der exotischen Buntheit auf der Festivalbühne zujubeln, in ihrem Denken und ihrem Alltagshandeln diesen auf der Bühne bejubelten Menschen aber kein gleichwertiges Recht auf Wohnen und Arbeiten einräumen, sie wohl als Künstler*in verehren, als Mensch aber ausgrenzen.
Und genau deshalb ist das Festival mehr als nur eine bunte Bühnenshow – es bietet Raum für Begegnung, aller Vorurteile und aller Exotik zum Trotz. Nutzen Sie diesen Raum!
Ihr Rolf Graser
Geschäftsführer des Forums der Kulturen Stuttgart e. V.
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