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Stellungnahme

… des Forums der Kulturen zur Beteiligung von Stuttgarter Migrantenvereinen an internationalen Konflikten

Das Forum der Kulturen Stuttgart e. V. verurteilt Gewalt und Terror jeglicher Art, egal, von wem sie ausgeübt werden. Und selbstverständlich verurteilen wir – so wie wohl die allermeisten Stuttgarter*innen, egal, ob mit oder ohne migrantischen, muslimischen oder palästinensischen Hintergrund – ohne Wenn und Aber den schrecklichen Terror-Angriff der Hamas. Und ebenso selbstverständlich lehnen wir die Verherrlichung und die Rechtfertigung von Gewalt ebenso ab wie Aufrufe zur Gewalt.

40 Prozent der in Stuttgart lebenden Menschen haben enge Bezüge zu mehr als 170 Nationen, Stuttgarts Wirtschaft ist international eng verflochten, das Stuttgarter Stadtleben ist ohne engste internationale Bezüge nicht zu denken. Und so machen auch internationale Konflikte nicht Halt an der Stadtgrenze. Dass nicht zuletzt bei Katastrophen, Konflikten und Kriegen Menschen mit Bezügen zu den hiervon betroffenen Regionen besonders engagiert sind, hat deren enormes Engagement im Frühjahr bei der Bewältigung der Erdbeben-Katastrophe gezeigt – um nur ein Beispiel unter vielen zu nennen. Dass sich dieses Engagement auch auf politische Konflikte bezieht, darf nicht verwundern – am Beispiel der Ukraine oder des Irans wurde dies laut bejubelt. In den allermeisten Fällen handelt es sich um ein friedliches Engagement. In den Fällen, in denen es zu gewalttätigen Ausschreitungen kommt, muss diesen Auswüchsen mit Mitteln des Rechtsstaates begegnet werden. 

In den ca. 150 (post-)migrantischen Mitgliedsvereinen des Forums der Kulturen spiegelt sich die breite Vielfalt unserer hochdiversen Stadtgesellschaft. Und so sind unter dem Dach des Forums der Kulturen auch die unterschiedlichsten Positionen und Perspektiven vertreten. Vielfalt bedeutet auch Vielstimmigkeit. Diese auszuhalten ist eine der Herausforderungen unserer Einwanderungsgesellschaft. Dass es dem Forum der Kulturen bislang gelungen ist, all die vielen Unterschiedlichkeiten in einem gemeinsamen Verband zu vereinen, ist ein integrationspolitisch wertvolles Element friedlichen und fruchtbaren Zusammenlebens. Denn bei aller Unterschiedlichkeit eint diese Vereine, dass sie aktiv an der Gestaltung des Stadtlebens arbeiten, auf dem Gebiet von Kultur, Sport oder Bildung ebenso wie in der Wissenschaft und Entwicklungspolitik, um nur einige der Engagementfelder unserer Mitgliedsvereine zu nennen.

Aber es gibt selbstverständlich auch Positionen, die wir nicht dulden können. Hierzu gehören menschenverachtende, rassistische, antisemitische und gewaltverherrlichende Positionen und Handlungen, die gegen die Prinzipien von Rechtsstaatlichkeit und Gewaltfreiheit verstoßen. Die für alle unsere Mitgliedsvereine bindende Selbstverständniserklärung unterstreicht dies. Das Vereinsrecht verpflichtet uns jedoch, im Fall der Fälle dem jeweiligen Verein die Möglichkeit zu geben, Stellung zu nehmen und sich gegen entsprechende Vorwürfe zu wehren. Entsprechend werden wir auch mit den Vorwürfen gegenüber dem Palästinakomitee e. V. verfahren und rasch das Gespräch suchen.

Generell warnen wir angesichts des aktuellen, wie auch vergangener internationaler Konflikte vor einem Generalverdacht gegenüber Menschen und Vereinen, die allein aufgrund ihrer Herkunft oder ihrer Religion einen Bezug zu Regionen haben, in denen Gewalt, Terror oder Willkür herrscht. „Die“ Palästinenser*innen sind bei Weitem keine homogene Gruppe und können nur aufgrund der Tatsache, dass sie Palästinenser*innen sind, nicht für die Gewalttaten der Hamas verantwortlich gemacht werden. Genauso wenig sind „die“ Eritreer*innen weder für das diktatorische Regime in Eritrea noch für die Ausschreitungen am Stuttgarter Römerkastell verantwortlich zu machen. Und zu Recht gilt es auch als antisemitisch, wenn Juden oder Jüdinnen pauschal für Maßnahmen einer israelischen Regierung beschuldigt werden. Es soll nicht sein, dass Menschen oder Institutionen pauschal für das, was in der Region geschieht, aus der sie oder ihre Vorfahren stammen, oder für all das, was im Namen ihres jeweiligen Glaubens geschieht, zur Verantwortung gezogen werden, sie dafür „geradestehen“ und sich dafür entschuldigen müssen.

Die große Vielfältigkeit, die enorme Mehrstimmigkeit des Forums der Kulturen ist dessen hohes und wertvolles Potenzial und hat einen hohen Mehrwert für die Stadtgesellschaft und für das friedliche Zusammenleben in dieser Stadt. Es birgt aber auch große Herausforderungen in sich, denen wir uns in einer zunehmend konfliktträchtigen Welt zunehmend werden stellen müssen – im grundsätzlichen Bemühen, Konflikte gewaltfrei und rechtsstaatlich auszutragen. Gerade in heutigen Zeiten ist dies keine leichte Aufgabe, aber wir werden uns ihr stellen.

Ihr / Euer Forum der Kulturen Stuttgart e. V.