Monatsmagazin

IN MAGAZIN Februar 2022

Liebe Leser*innen,

vor zwei Jahren, am 19. Februar 2020 erschütterte uns alle der rassistische Terroranschlag in Hanau, bei dem neun Einwohner*innen von Hanau, alles Menschen mit einer migrantischen Biographie, brutal ermordet wurden. Noch heute denken wir mit Schrecken und Abscheu an diese Tat. Wir wussten, dass Rassismus und Gewalt längst in unserem Alltag gegenwärtig sind und das Hanauer Attentat nur die Spitze des Eisberges war. Dennoch war es ein Schock, mit dieser Spitze real konfrontiert zu sein.

Offensichtlich war dies auch für die damalige Bundesregierung ein Schock, der sie wohl endgültig wachgerüttelt hat; immerhin wurde – nicht zuletzt auch als direkte Reaktion auf Hanau – ein Koalitionsausschuss eingesetzt, der dann in relativ kurzer Zeit ein umfassendes Maßnahmenpaket gegen Rassismus auf den Weg brachte. Doch die Regierungszeit endete bald und viele der beschlossenen Maßnahmen blieben ein Stück Papier.

Inzwischen haben wir eine neue Innenministerin, die sich bereits in ihrer Antrittsrede den Kampf gegen Rechtsextremismus und Rassismus auf die Fahnen geschrieben hat. Und wir haben eine neue Regierung, in deren Koalitionsvertrag die Bekämpfung von Rassismus einen wichtigen Schwerpunkt bildet. Ob diesen Worten bald Taten folgen, werden wir sehen. Doch selbst bei einer Regierung, die sich diesbezüglich deutlich positioniert, wird das Engagement einer starken Zivilgesellschaft weiterhin unverzichtbar sein, will man Diskriminierung, Ausgrenzung und Rassismus ernsthaft, wirkungsvoll und nachhaltig Paroli bieten.

Deshalb ist auch ein weiterer Aspekt des Koalitionsvertrags von Bedeutung: das zivilgesellschaftliche Engagement soll gestärkt und das schon lange geforderte Demokratiefördergesetz endlich auf den Weg gebracht werden. Und: erstmals werden auch Migrantenorganisationen als bedeutsame Akteure genannt und gewürdigt.

Die Rahmenbedingungen für die Arbeit des Forums der Kulturen könnten sich also tatsächlich verbessern; es könnte ein gutes Jahr werden, für alle, die sich für Demokratie und Teilhabe und gegen Ausgrenzung und Diskriminierung stark machen. Ob dies tatsächlich der Fall sein wird, liegt aber vor allem an uns allen. Wir sind es, die diesen von der Politik gesetzten Rahmen mit Leben füllen müssen. Und wir werden auch diejenigen sein, die immer wieder erneut auf die Einhaltung dessen drängen müssen, was im Koalitionsvertrag festgehalten und in Sonntagsreden versprochen wurde.

Dies heißt auch, dass wir uns politisch verstärkt einbringen müssen, dass uns auch die Geschehnisse in Berlin zu interessieren haben, dass wir versuchen müssen, auch hierauf Einfluss zu nehmen. Da passt es gut, dass wir seit einigen Jahren mit NeMO auch einen bundesweiten Dachverband der Migrantenorganisationen haben (an dessen Gründung das Forum der Kulturen nicht unerheblich beteiligt war), der sich nun verstärkt auch in die Berliner Politik einmischt und in einer zentralen Veranstaltung am 21. März die 100-Tage-Bilanz der neuen Regierung kritisch hinterfragen wird.

Ob in der großen Politik in Berlin oder im Gemeinderat in Stuttgart, wenn es zum Beispiel um das schon seit Jahren eingeforderte Haus der Kulturen (Siehe Bericht auf Seite 19) geht: entscheidend wird unser eigenes Engagement sein. Deshalb engagieren Sie sich auch im Neuen Jahr überall dort, wo Sie etwas bewegen können.

Ihr Sami Aras
Vorsitzender des Forums der Kulturen Stuttgart e. V.

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