Monatsmagazin

Aktuelle Ausgabe März 2023

Liebe Leser*innen,

Wie jedes Jahr finden auch in diesem März wieder die Aktionswochen gegen Rassismus statt. Und es sind dieses Jahr noch mehr Vereine und Initiativen aus den unterschiedlichsten Bereichen, die sich an deren umfangreichen Angeboten beteiligen. Das ist gut so, denn Rassismus geht uns alle an.

Doch viele sehen dies immer noch anders. Für große Teile unserer Bevölkerung ist Rassismus immer noch etwas, das vor allem mit Rechtsextremen und Nazis zu tun hat, vielleicht noch mit der Kolonialzeit – aber die scheint ja schon lange vorbei zu sein. „Rassisten sind immer die anderen“ – so denken viele und fühlen sich von all dem nicht betroffen, während ein Teil unserer Bevölkerung immer wieder rassistischen Übergriffen ausgesetzt ist, mit Worten und Blicken, immer häufiger aber auch mit Handgreiflichkeiten und lebensbedrohenden Attacken: Hanau war hier nur der mörderische Gipfel eines tief in unsere Gesellschaft hineinragenden Eisbergs.

Es geht um mehr als um mordende Rechtsextreme und Nazis, es geht um rassistisches Denken und rassistische Strukturen. Und die sind immer noch tief in unserer Gesellschaft verwurzelt. Es geht um die immer noch weit verbreitete Vorstellung, dass bestimmte Gruppen von Menschen weniger wert sind als die Gruppe, zu der ich mich zugehörig fühle. Menschen werden in Gruppen unterteilt, unter anderem nach Aussehen, Herkunft, Geschlecht oder sozialer Lage, und entsprechend bewertet – und abgewertet. Oft werden abwertende Gruppenmerkmale auch als „Kultur“ beschrieben: Gerne wird von „Kultur“ gesprochen, wenn unterstrichen werden soll, dass die eigene über anderen „Kulturen“ steht. Das klingt harmlos – und wird von vielen auch als „nicht so schlimm“ betrachtet. Doch der Urspung jeglicher Art von Ausgrenzung und Diskriminierung ist die Wurzel eines rassistischen Denkens, das rasch auch zu rassistischem Handeln werden kann.

Menschen verschiedenwertigen Gruppen zuzuordnen, sie in bestimmte, abwertende Schubladen zu stecken, ist das eine, sie entsprechend abwertend zu bezeichnen die andere Seite des Problems – wobei wir auch schon bei der derzeit großen Debatte um Begriffe und Bezeichnungen wären. Abgesehen davon, dass man sich eher über reale rassistische Übergriffe aufregen sollte, statt darüber „was man heute noch sagen darf“, ist es nicht unerheblich, ob eine sowieso schon marginalisierte und diskriminierte Gruppe von Menschen mit Bezeichnungen gelabelt wird, die verletzen, ausgrenzen und deren Wurzeln im Kontext von Verfolgung und Kolonialismus liegen. Gerade deshalb ist ein sensibler Umgang mit Begriffen und Zuschreibungen keine Nebensächlichkeit. Am Beispiel der umstrittenen Bezeichnung für die indigene Bevölkerung Amerikas diskutieren wir dies auf den Seiten 22 und 23 auch in dieser Zeitschrift.

Rassismus ist ein vielschichtiges Thema. In unserer Zeitschrift versuchen wir ebenso wie mit den Aktionswochen gegen Rassismus dieser Vielschichtigkeit gerecht zu werden, Antworten zu geben, aber auch neue Fragen zu stellen, zu einem Thema, das jede*n angeht.

Ihr Sami Aras
Vorsitzender des Forums der Kulturen Stuttgart e. V.

(Ältere Ausgaben des Monatsmagazins stehen Ihnen hier zum Download zur Verfügung.)