Monatsmagazin

Aktuelle Ausgabe Winter 2023/2024

Liebe Leser*innen,

Wer für Vielfalt, für eine offene Gesellschaft und die Wahrung der Menschenrechte eintritt, muss sich auch entschieden gegen jede Art von Ausgrenzung, Stigmatisierung und Diskriminierung wenden, muss auch Antisemitismus in jeglicher Art und Ausprägung bekämpfen.

Darum ist ein entschiedenes Nein zum Antisemitismus für uns alle eine Selbstverständlichkeit. Es ist unerträglich, mit ansehen zu müssen, wie derzeit weltweit, aber auch hier vor unserer Haustüre, Jüdinnen und Juden zunehmend angefeindet, beschimpft und bedroht werden. Dem müssen wir genauso massiv entgegen treten wie allen anderen Formen von Menschenfeindlichkeit. Antisemitismus darf keinen Platz in unserer Gesellschaft haben!

Die Geschichte Deutschlands hat gezeigt, zu was ein solches Denken führen kann: zur systematischen, psychischen wie auch physischen Vernichtung von allen, die als „fremd“ oder „andersartig“ abgestempelt , die als „minderwertig“ betrachtet wurden – Ausschwitz als Konsequenz einer Haltung, die Menschen einteilt in solche, die es wert waren zu leben und solche, die es nicht waren. In Deutschland hatte Antisemitismus (und nicht zu vergessen: auch Antiziganismus) die schrecklichsten Folgen, die man sich nur vorstellen kann.

Aber auch wenn nichts mit der Ungeheuerlichkeit des Holocausts zu vergleichen ist: Antisemitismus – und natürlich auch alle Formen von Rassismus – ist auch heute noch die Bedrohung für eine vielfältige und offene Gesellschaft. Diese Bedrohung gehört bei rechten Parteien und Gruppierungen schon immer zu deren Kern-DNA, zunehmend ist sie aber auch in der vielzitierten Mitte der Gesellschft anzutreffen. Aber auch Menschen, die selbst von Ausgrenzung und Diskriminierung betroffen sind, sind nicht gefeit vom Virus eines antisemitischen, rassistischen oder diskrminierenden Denkens. Auch Opfer können zu Tätern werden. Deshalb müssen wir auch innerhalb migrantischer Communities jeglichen rassistischen, nationalisiti – schen und antisemitistischen Bestrebungen entgegenwirken, gleichzeitig aber auch deren Betroffenenperspektive ernst- und wahr nehmen – ein komplexes, nicht einfaches Vorhaben. Aber wir leben in einer komplexen Welt, in der einseitige Parteinahme ebenso wie Pauschalisierungen mit Vor sicht zu genießen sind. Und es gilt auch darauf zu achten, dass die Bekämpfung von Antisemitismus nicht in Muslim- Feindlichkeit oder Migranten-Bashing umschlägt.

Doch genau diese Gefahr besteht, wenn derzeit der sogenannte „importierte“ Antisemitismus als das Hauptübel gebranntmarkt wird, obwohl der allergrößte Teil antisemitischer Taten (laut Innenministerium: 84 %) dem rechten Lager in Deutschland zuzuschreiben ist. Besonders perfid wird es, wenn sich Parteien, die bislang selbst im Verdacht des Antisemitismus stehen, sich nun zu Vorkämpfern gegen Antisemitismus erklären, sich faktisch aber nur gegen den migrantisch ge pägten Antisemitismus wenden. So werden die schrecklichen Ereignisse in Israel missbraucht, um eine migrationsfeindliche Politik zu untermauern.

Antisemismus kann nur bekämpft werden, wenn dies Hand in Hand geht mit dem Eintreten für eine vielfältige und offene Gesellschaft.

In diesem Sinn wünschen wir Ihnen allen ein gutes und vor allem friedliches, neues Jahr. Frieden überall und für alle!

Sami Aras
Vorsitzender des Forums der Kulturen Stuttgart e. V.

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